NABU Fellbach

Vogelschutzgebiet - Spechte im Hartwald - Der Wendehals

 

Ein Specht auf Abwegen ? der Wendehals

Als einzige Spechtart baut er keine Höhlen ? Heimisch in den Obstwiesen um den Hartwald

Fellbach. Dieser Specht ist ein Sonderling. Er sieht aus wie ein Stück Holz, zimmert keine Höhlen und seine Jungen zischen bei Gefahr wie eine zornige Schlange. Den Winter verbringt der Wendhals in Afrika. Warum der Weltenbummler dennoch jedes Jahr in Streuobstwiesen um den Hartwald zurückkehrt, erfahren Sie in dieser Ausgabe.

Der Wendehals besitzt Eigenschaften, die ihn zu einem der merkwürdigsten Vertreter der heimischen Vogelwelt machen. Schon auf den ersten Blick sieht der schlanke, etwas mehr als spatzengroße Vogel gar nicht aus wie ein typischer Specht. Erst bei genauem Hinsehen oder wenn er sich bewegt, ist zu erkennen, dass man es nicht mit einem abgebrochenen Aststück oder ein Fetzen Borke zu tun hat. Der Wendehals ist mit seinem rindenfarbigen, graubraun gestreiften Gefieder ein wahrer Meister der Tarnung. Vom Nacken bis zum Bürzel erstreckt sich ein dunkler Streifen. Tatsächlich kann der Wendehals seinen Kopf um mehr als 180 Grad drehen ? er verdient daher seinen Namen zu Recht. Seinen Jungen lassen bei Bedrohung ihre Köpfe regelrecht kreisen und fauchen dabei gefährlich anmutend wie ein Schlange.

Obwohl der Wendehals (wissenschaftlich Jynx torquilla) in seiner Gestalt und mit seinem kurzen Schnabel eher einem Singvogel als seinen nächsten Verwandten ähnelt, gehört er innerhalb der Familie Spechte zur Unterfamilie der Wendehälse, von denen es weltweit nur zwei Arten gibt. Innerhalb seiner Verwandtschaft ist er ein Sonderling. Im Gegensatz zu allen anderen Spechten meißelt er nämlich keine eigene Höhle in einen Baum, sondern er sucht sich auf dem Wohnungsmarkt nach gebrauchten Altbauten um. Manchmal erobert er sich eine solche Höhle auf etwas rabiate Weise, indem er schon angefangene Nester anderer Vogelarten kurzerhand an die frische Luft befördert. Man darf den Wendehals allerdings deswegen nicht verurteilen oder ihm gar Faulheit vorwerfen. Er hat schlicht und einfach keine Zeit, eine eigene Höhle zu zimmern. Als einziger Zugvögel unter den Spechten hat er jedes Jahr eine lange und gefährliche Reise zu meistern. Wendehälse überwintern nämlich in Afrika und weil sie erst ab März-April wieder in den Brutgebieten erscheinen, sind sie auf fertig gestellte Wohnhöhlen angewiesen. Natürlich nehmen sie auch gerne künstliche Nistkästen an, mit denen man der selten gewordenen Vogelart gut helfen kann.

Ab etwa Mitte Mai legt das Weibchen 7 bis 10 weiße Eiern, die es knapp 2 Wochen bebrütet. Nach rund 3 Wochen verlassen die Jungen die Höhle. Sie werden noch eine Zeit lang außerhalb der Höhle von den Altvögeln gefüttert. Manchmal wird sogar ein zweites Mal gebrütet. Optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Brut findet der Wendehals rund um den Hartwald vor. Er hat eine Vorliebe für Streuobstwiesen mit Höhlenbäumen und gemähten Wiesen. Gerne besiedelt er auch Feldgehölze, Alleen, Parkanlagen und lichte Auwälder. Der Feinschmecker sucht seine Nahrung hauptsächlich am Boden. Besonders während der Brutzeit ist er unermüdlich auf der Suche nach Wiesen- und Wegameisen, deren Eier, Larven und Puppen. Haben die Ameisen aufgrund nasskalter Witterung ihre Puppen tief im Inneren ihrer Bauten gelagert, muss der Wendehals auf Blattläuse, kleine Käfer, Schmetterlingsraupen und Spinnen ausweichen. Gelegentlich frisst er auch weiche Früchte.

Vor allem der Verlust seiner natürlichen Lebensräume und der Rückgang durch Überdüngung und Ausräumung der Landschaft haben dazu geführt, dass der Bestand des Wendehalses seit 1975 um über 25 Prozent zurückgegangen ist. Er steht deswegen heute als gefährdet auf der Roten Liste der Vogelarten steht und wurde vom NABU im Jahre 1985 zum Vogel des Jahres ausgewählt. In ganz Deutschland leben nur noch rund 12.000 bis 21.000 Paare. Um einen weiteren Rückgang aufzuhalten ist vor allem der Erhalt einer reich strukturierten Kulturlandschaft, mit extensiv genutzten Viehweiden und Streuobstwiesen, in denen ausreichend Ameisenvölker überleben können, wichtig. Dazu trägt auch ein reduzierter Düngemittel- und Biozideinsatz bei.


Fotos (M. Eick):
Der seltene Wendehalt liebt die alten Obstbäume.
Ein Meister der Tarnung ? der Wendhals sieht aus wie ein Stück Holz.
Seine Hauptnahrung, Ameisen und ihre Eier, findet er auf gemähten Wiesen.

Weitere Infos
Der NABU betreut zahlreiche Nistkästen in dem Gebiet. Für diese ehrenamtliche Arbeit werden dringend Spenden benötigt. Kontonr. 2044019 bei der Krissparkasse WN (BLZ 602 500 10), Stichwort Vogelschutzgebiet.

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